Dieses Blog durchsuchen

Mittwoch, 1. Februar 2023

Ahrensfelder Bürgerbefragung – zur Farce verkommen

Seit 2007 bemühen sich Gemeinde und Bürgerschaft von Ahrensfelde um den Bau eines Gymnasiums im Ort, um den Schülerinnen, Schülern und Lehrkräften tägliche Wegezeiten von bis zu 2,5 Stunden in die Nachbargemeinden zu ersparen. Im Flächennutzungsplan der Gemeinde ist eine Fläche als Wohnbaufläche bzw. als Mischgebiet ausgewiesen. Allerdings ist der Grundstückseigentümer der Fläche nicht die Gemeinde Ahrensfelde, sondern die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg schlesische Oberlausítz (EKBO). Nach einem Grundsatzbeschluss der EKBO verkauft diese grundsätzlich kein Land mehr. „Grundsätzlich“ heißt allerdings „vom Grundsatz her“ und nicht, dass keinerlei Grund und Boden von der EKBO mehr verkauft wird. Beispielsweise wurden von der Wohnbaufläche „Kleines Ahrensfelder Dreieck“ von der EKBO ca. 30% an private Bauherren verkauft.

Klar ist, dass der Erwerb von Kirchenland für kommunale Zwecke immer problembehaftet ist, weil unterschiedliche Interessenlagen existieren. Um dieses und andere mögliche Probleme rechtsstaatlich lösen zu können, hat der Gesetzgeber - das Land Brandenburg - und die EKBO am 8.November 1996 einen „Vertrag zwischen dem Land Brandenburg und den evangelischen Landeskirchen in Brandenburg“ (Kirchenstaatsvertrag) geschlossen. Im Artikel 24 enthält der Vertrag eine sogenannte „Freundschaftsklausel“.

Sie legt fest: (1) Die Vertragsparteien werden sich bemühen, eine in Zukunft auftretende Meinungsverschiedenheit über die Auslegung und Anwendung einer Bestimmung dieses Vertrages einvernehmlich zu klären. (2) Haben sich die Verhältnisse, die für die Festsetzung des Vertragsinhalts maßgebend gewesen sind, seit Abschluss des Vertrages so wesentlich geändert, dass einer Vertragspartei das Festhalten an der ursprünglichen Regelung nicht zumutbar erscheint, so werden die Vertragsparteien in Verhandlungen über eine Anpassung des Vertrages eintreten.

In der Landesregierung Brandenburg ist das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur für die ordnungsgemäße Handhabung des Kirchenstaatvertrages verantwortlich. Wer in Kenntnis des Kirchenstaatsvertrages und seiner Freundschaftsklausel „nach langen und harten Verhandlungen“ mit der EKBO das jetzt vorliegende Ergebnis erreicht hat, ist nicht bekannt. In diesem Personenkreis sind die Verantwortlichen für die eingetretene, desaströse Lage zu suchen. Die Verhandlungsvollmacht für den Kirchenstaatsvertrag obliegt der Landesregierung. Sie kann nachgelagerten Verwaltungen Vollmacht erteilen.

Im Anschreiben zur Bürgerbefragung weist der Bürgermeister zweimal explizit darauf hin, dass die EKBO die Entwicklung des Schulstandortes an die Bedingung geknüpft hat, dass weitere Wohnbebauung stattfindet. Das ist eine unzulässige knebelnde Vertragsbedingung, die rechtswidrig und damit rechtsunwirksam ist. Das konnte nur geschehen, weil sich die Gemeinde nicht entsprechen dem Kirchenstaats-vertrag/Freundschaftsklausel verhalten hat. War das Nichtwissen, Nichtwollen, mangelnde Kompetenz oder Absicht?

So ist bei vielen Ahrensfeldern der Eindruck entstanden, dass sie von „der Kirche über den Tisch gezogen worden seien“. Das ist jedoch nur eingeschränkt richtig. Die gefassten Beschlüsse zum Gymnasium und zur Wohnbebauung wurden umfänglich in Ausschüssen, im Ortsbeirat und in der Gemeindevertretung beraten. Allerdings wurde den Beratungsteilnehmern und Bürgern fälschlicherweise der Bau von „bezahlbaren Mietwohnungen“ versprochen. Die wird es nicht geben. Es ist kein Geschäftsmodell bekannt, in dem auf kirchlichem Erbbaupachtland Mietwohnungen gebaut worden wären. Das ist darin begründet, dass Mietrecht und Erbbaurecht zwei völlig verschiedene Rechtgrundlagen sind, die nicht vermischt werden können. Befremdet hat auch, dass bei den Beratungen der Beschlüsse in den gemeindlichen Gremien immer wieder der Vorschlag abgelehnt wurde, die Beschlussfassungen erst nach dem Vorliegen und der Auswertung der Bürgerbefragung zu tätigen. Diese hat zwar keine Rechtswirkung, ist aber Ausdruck einer kommunalpolitischen Willensbildung der Ahrensfelder Bevölkerung und darf nicht arrogant ignoriert werden.

Mit keinem Satz erwähnt der Bürgermeister in seinem Begleitbrief die katastrophale Situation im Ahrensfelder Dauerstau-Straßenverkehr, die auch Ausgangspunkt für die Gründung der Bürgerinitiative „Lebenswerte Gemeinde Ahrensfelde“ war. Nun haben die Ahrensfelder lediglich die Auswahl zwischen- „Kein Gymnasium und keine Wohnbebauung“- „Gymnasium und Wohnbebauung“ und „Mir ist das egal“. DAS IST EINE FARCE!

Trotzdem fordere ich alle Ahrensfelder auf, ihr demokratisches Recht wahrzunehmen und ihre Stimme abzugeben.

Dr. Helmut Pöltelt

Mitglied des Ortsbeirats Ahrensfelde


16 Kommentare:

  1. Ich habe ein schönes Zitat gefunden von Helvetius: "Jede religiöse Körperschaft ist nach Reichtum und Macht begierig." Wie ist eigentlich die Kirche zu dem vielen Land in Ahrensfelde gekommen? Schon im Mittelalter oder wann? Steht das in der Chronik von Ahrensfelde?

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Eine kleine Information zu dieser Frage: das Land, über welches die EKBO in Ahrensfelde verfügt, wurde im Zuge des Friedhofbaus Anfang des 20. Jh. von der evangelischen Kirche Berlin käuflich erworben. In der Folge wurde der Waldfriedhof mit Kapelle und Zufahrt Ulmenallee und der S-Bahnhof Ahrensfelde Friedhof ( kein Fehler, ein S Bahnhof) gebaut. Das Gebilde, welches als "die Kirche" bezeichnet wird, hat mit der Dorfkirche und Kirchengemeinde Ahrensfelde nichts zu tun. Die Kirchengemeinde besitzt auch Land in der Gemarkung Ahrensfelde, das sind Erbschaften und Schenkungen der ortsansässigen Bauern gewesen.Auf einem Stück dieses Landes, an der Kirschenallee, wird gerade eine Kita und ein Seniorenwohnen errichtet. Hier geht Gemeinsinn vor Gewinn.

      Löschen
    2. So soll es hier sein, Fragen und sachliche Antworten und danke für die Ergänzung.

      Löschen
  2. Was sollen die Kommentare hier ohne jeglichen Bezug zum Beitrag von Dr.Pöltelt?

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. EKBO....steht im Beitrag und wird kommentiert. Wo liegt jetzt wieder ihr Problem?

      Löschen
  3. Besten Dank erst einmal an Herrn Dr. Pöltet für den weiter erhellenden Beitrag zum Thema Machenschaften des Bürgermeisters und der Verwaltung um die Bürgerbefragung. Knebelne Vertragsbedingungen, Rechtswidrigkeit und damit Rechtsunwirksamkeit sind genau der Anlass dies vom Innenministerium in Brandenburg überprüfen zu lassen.

    AntwortenLöschen
  4. Dann mach es doch einfach. Diese Drohungen sind doch langsam lächerlich. Wie letztens mit der Kommunalaufsicht,heisse Luft ,und es war alles in Ordnung . Kein Verstoss.
    Also mach es doch einfach.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Also schon wieder so ein Oberschlauer. Das Schreiben der Kommunalaufsicht, das habe ich hier schon zweimal geschrieben, jedenfalls was Herrn Joachim vorliegt, besagte, dass sie für die Tagesordnung bei Beratungen nicht zuständig wären, das heißt doch nicht, dass alles in Ordnung wäre. Die Einwände gegen die sogenannte vom Bürgermeister manipulierte Befragung kann nur der Initiator machen, also die BI und nicht Dr. Unger. Aber dazu muss man ein wenig Bescheid wissen und nicht nur rummotzen.

      Löschen
  5. Die Ära der sich immer anpassenden und nie öffentlich kritischen Bürgern, sollte irgend wann auch mal in Ahrensfelde ein Ende finden!

    AntwortenLöschen
  6. Die Ära des Unger ist schon lange zu Ende,konkrete Lösungen,ausser Gehrke muss weg und Begünstigten,die er bis heute nicht benannt hat,hat er auch nicht.

    AntwortenLöschen
  7. Guten Morgen
    Immer schön locker bleiben. Es geht hier nicht um Personen sondern um die Sache. Immer wieder wird hier versucht Personen ins Spiel zu bringen um vom Haupt-Thema abzulenken. Auch die BI als Initiator hat keine Chance bei der Kommunalaufsicht. Diese sogenannte Behörde fühlt sich für den Bürger nicht zuständig sondern immer nur für die Gemeinden. Sollte zwar eigentlich nicht so sein, ist aber so. Wenn man jetzt mal die Sache genau verfolgt sieht man wieder Ungereimtheiten. Wie musste man der Presse entnehmen? Die Schulen incl. Ahrensfelde sind finanziell noch gar nicht abgesichert. Komisch hatte da nicht mal jemand behauptet alles schon vertraglich geregelt? Jetzt versteht man auch warum es so dringlich war den Vorvertrag zu regeln bevor die Befragung raus ist. Wieder wird der Bürger hinter das Licht geführt.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Es ist unerträglich und meiner Meinung nach eine Frechheit, was hier der Bürgermeister aus der Befragung gemacht hat.
      Hier werden Schülerinnen und Schüler, Vorschülerinnen und Vorschüler gefragt, ob sie einGymnasium/ eine weiterführende Schule haben möchten.Danke, daß er auf die Wünsche der Kitakinder verzichtet hat. Nach großzügiger Ausführung zum Gymnasium kommt fast zum Schluß der Text der eigentlichen Bürgerbefragung. Hier erkennt der Leser, daß es eindeutig nur um die Verkehrssituation in Ahrensfelde geht.
      Der Gipfel ist das Abstimmungsblatt.Hier soll der Bürger Ankreuzen, ob er gegen eine Bebauung an der Lindenberger Straße ist.Ein Feld dafür ist NICHT vorhanden!
      Hier kann man nur zwischen 2 "Paketen" wählen.
      Dieses Papier verfehlt bewusst das Ziel der Bürgerbefragung. Außerdem ist mir nicht bekannt, daß man Minderjährige zu einer Bürgerbefragung auffordern darf.

      Löschen
    2. § 18a
      Beteiligung und Mitwirkung von Kindern und Jugendlichen

      (1) Die Gemeinde sichert Kindern und Jugendlichen in allen sie berührenden Gemeindeangelegenheiten Beteiligungs- und Mitwirkungsrechte.

      Löschen
    3. Was interessiert es Kinder, die noch nicht einmal Lesen können, ob neue Wohngebiete entlang einer Straße gebaut werden? Erschließt sich mir nicht.

      Löschen
  8. §18a: Es ist armselig und dumm-frech, wie sich offensichtlich ein Mitarbeiter der Verwaltung hier äußert!

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Das passt eben in das Schema des Hauptverwaltungsbeamten. Seniorenbeirat verhindern, denn die Alten sind ja zu schlau und dafür Kinder befragen, die natürlich überfragt sind, was ein neues Siedlungsgebiet mit sich bringt. Mehr Verkehr, Lärm und Dreck, mehr Verbrauch an Ressourcen, mehr Vernichtung von Ackerland und Wald, also absolut schädlich für das Klima, um mit ihrem Idol Greta zu sprechen. Das sollte Herr Gehrke den Kids auch ehrlich sagen.



      Löschen

Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.