Nichts bewegt
die Gemüter in diesen Tagen bei uns mehr als die Einwohnerbefragung. Inzwischen
erreichen mich zahlreiche E-Mail und Telefonanrufe. Ist die Umfrage eine
Dummeneinfangfrage, wurde ich um meine Meinung gebeten. Naja, da ist schon ein
Körnchen Wahrheit dran, nach allem, wie sie so abgelaufen ist und noch bis zur
Auszählung läuft. Aber das wäre zu einfach, es auf so eine Aussage zu
begrenzen. Denn es geht hier um eine ganz entscheidende Frage. Vordergründig nicht
um die geplante Wohnsiedlung der evangelischen Kirche, sondern wie geht der
Bürgermeister mit den gewählten Abgeordneten, also unseren politischen
Vertretern der Bürger und wie mit den Einwohnern selbst um?
Ich bin zugegeben
ein kritischer Geist, ein Mensch, der in erster Linie versucht, alles und jeden
zu verstehen. Aber wie hier mit dieser Bürgerbefragung nicht nur die
Initiatoren, sondern auch ein Großteil der Einwohner verhöhnt werden, hätte ich
mir in meinen bösesten Träumen nicht vorstellen können. Zuerst im Amtsblatt die
entstellte Fragestellung und der Hinweis als Sprachrohr der Kirche und nicht
der Bürger, Gymnasium nur mit EKBO-Wohnsiedlung. Und nun der
Bürgermeisterbrief, der das Porto aus unseren Steuern nicht wert ist. Auf dem
Blatt der Bürgerbefragung steht: „Die Verwaltung ist an die Formulierung der
Fragestellung gebunden.“ Aber die Fragestellung der Bürgerinitiative taucht
bei den Antwortmöglichkeiten überhaupt nicht auf. Was ist denn das für ein
Quark, den sich die Juristen der Verwaltung da abgerungen haben?
Ich will nicht
unterstellen, wie es hier und da gemacht wird, dass die Briefe für die
Befragung so lange hinausgezögert wurden, bis das geplante Verfahren der
EKBO-Siedlung formell in der Gemeindevertretung eröffnet wurde. Zwar hatten 400
wahlberechtigte Ahrensfelder diese Befragung mit einer ganz klaren
Fragestellung erzwungen, doch Bürgermeister Gehrke, der allein für diesen eigentlich
demokratischen Akt zuständig ist, hat ihn meiner Meinung nach, trickreich zur
Farce gemacht.
Ein welterfahrener
Lindenberger rief öffentlich zum Boykott auf: „Der
Begleitbrief des Bürgermeisters zum Fragebogen ist eine vorsätzliche und
tendenziöse Irreführung der Willensbildung des Bürgers, enthält
Rechtswidrigkeiten und stellt eine Sabotage der Befragung dar.“
Doch damit nicht
genug, der Bürgermeister hat die Befragung selbstherrlich auf Kinder und
Jugendliche ausgedehnt. Natürlich sind selbstständige Befragungen
ausschließlich für Kinder und Jugendliche möglich, für alle Anliegen, die sie
betreffen. Doch mit dieser Frage, Wohnbebauung ja oder nein, bis nicht die
katastrophale Verkehrssituation gelöst ist, sind sie wie auch so mancher von
uns, weit überfordert und unser Nachwuchs ist von den Initiatoren auch nicht
befragt.
Ich finde die
Instrumentalisierung von Kindern ist mehr als ein böser, unverzeihlicher Skandal
und hoffe nur, dass die Jugendkoordinatorin der AWO da nicht mit von der Partie
war. Denn in der UN-Kinderrechtskonvention heißt es: „Kinder und Jugendliche dürfen keinesfalls
für das Transportieren von politischen Botschaften oder zur Steigerung der
Popularität von Politikern missbraucht werden.“ Sicher auch nicht für Kampanien..
Natürlich hat der Hauptverwaltungsbeamte Gehrke es nicht für nötig
gehalten, dieses Vorhaben genau so mit dem gewählten, politischen Gremium zu
besprechen. Warum lassen sich die Gemeindevertreter so vor- und verführen. Oder
frei nach Schiller: Ich hab` hier
bloß ein Amt und keine Meinung.
Meiner Meinung
nach eine bürgermeisterliche Anmaßung, die auch nicht durch die
Kommunalverfassung über die Aufgaben eines hauptamtlichen Bürgermeisters
gedeckt zu sein scheint. Dieser Brief und die Information im Amtsblatt so
glaube ich, aber das wäre nicht das erste Mal, passt nicht ganz zu seiner amtsgebundenen
Neutralitätspflicht. Da habe ich ein gänzlich anderes Demokratieverständnis. Ob
das nun rechtens ist, das müssen andere, vor allem die Mitglieder der
Gemeindevertretung und die Kommunalaufsicht des Kreises Barnim entscheiden.
Doch ich frage mich,
der schon sehr viel erlebt hat und dessen Lebensweg unzählige Menschen aller
Couleur auf drei Kontinenten gekreuzt haben, was bewegt so einen Mitbürger, der einer christlich-demokratischen
Partei angehört und ein gebildeter Mann ist? Machterhalt, Selbstüberschätzung,
Glauben an Unfehlbarkeit? Ist es die lange Amtszeit, die vielleicht schon zu
lange läuft, also Amtsmüdigkeit? Die Zukunft von Ahrensfelde wird nicht durch schöne
und oft wiederholte Litaneien unseres Bürgermeisters gestaltet, sondern durch
die tagtägliche Mühe für ein besseres Leben durch und für alle Bürger.
Wo nimmt also dieser
Mann die Chuzpe her? Ich kann es nicht sagen und vielleicht er auch nicht. Ich weiß
nicht, welche Charakterzüge einen guten Bürgermeister heute auszeichnen, aber
bestimmt, dass er seinen Ort liebt und alle die Menschen achtet, die ihn
gewählt und auch jene, die ihn in großer Zahl nicht gewählt haben, also die ihm
anvertraut sind. Und zwar jeden Einzelnen ohne Ausnahme. Haben wir so einen
Mann an der Spitze und haben wir ihn verdient? Diese Frage muss jeder für sich
beantworten in unserer Gemeinde.
Es gibt, und das
macht mich nachdenklich und auch traurig, Anzeichen einer Entfremdung zwischen
Bürgermeister und Einwohner, aber auch zwischen Gemeindevertretern und ihren
Wählern. Das muss sich ändern in unser aller Interesse, nicht nur bei den
nächsten Kommunalwahlen, nicht erst morgen, sondern schon heute.
Hartmut Moreike