Ein leichtes
Erstaunen glitt über die Gesichter der Abgeordneten und der leitenden
Verwaltungschefs, als zur Februar-Sitzung der Gemeindevertretung immer mehr
Stühle in den Saal getragen werden mussten, weil der Strom interessierter
Bürger nicht abreißen wollte. Irgendjemand hat sie sicher gezählt, aber es
waren wohl an die drei Dutzend Bürger, die ihre Ansichten und Fragen zu den
Tagesordnungspunkten der weiteren Bebauung loswerden wollten. Dazu ist die
Bürgerfragestunde ja da. Und auf Antrag der Ahrensfelder Unabhängigen wurde
ihnen mit großer Mehrheit auch konkret zu zwei Tagesordnungspunkten, dem
Bauvorhaben Lindenbergerstr./Ulmenallee und dem Achsenentwicklungskonzept,
zusätzlich Rede- und Fragerecht eingeräumt. Die vierzehn von
neunzehn Ja-Stimmen waren so nicht zu erwarten!
Das große
Interesse der Ahrensfelder ist auch der neuen Bürgerinitiative
"Lebenswerte Gemeinde Ahrensfelde" zu verdanken, die Mitbürger
mobilisiert hatte und die die Fragestunde gut vorbereitet nutzten. Schließlich wird auch in Ahrensfelde eine neue Wohnsiedlung viermal
gebaut. Erst in den Köpfen der Einwohner, dann auf den Computern der Planer und
Architekten, Gestalt geben die Bauleute den Plänen und schließlich sind es die
Bürger, die von ihr Besitz ergreifen und sie wohnlich gestalten. Also haben die
Bürger das erste und letzte Wort.
Schade nur, dass
das Interesse einiger Abgeordneten in der Bürgerfragestunde stark nachgelassen
hatte, denn es sollte sie doch interessieren, was die Mitbürger so bewegt. Und
noch etwas, die Bürgerfragestunde ist sinnvoller Weise auf eine halbe Stunde
begrenzt. Aber, die wenigste Zeit bleibt, um Fragen zu stellen. Die meiste Zeit
redet der Hauptverwaltungsbeamte, Herr Gehrke. Ich schreibe bewusst redet, denn
nur selten antwortet er oder sein Fachbereichsleiter konkret auf die Fragen.
Vielmehr, so mein persönliches Empfinden, ist der Ton des Bürgermeisters oft genervt, ausschweifend, belehrend
und seine Ausführungen strotzen von Allgemeinplätzen und schon Gesagtem.
Nun ist die
Vorsitzende der Gemeindevertretung, Frau Hübner, recht großzügig gegenüber den
Fragestellern aus dem Publikum und noch großzügiger gegenüber dem
Bürgermeister. Die Abwägung fällt sicher schwer. Aber es ist nun einmal die
Bürgerfragestunde. Konkrete Antworten könnte der Bürgermeister auch in seiner
Information im Amtsblatt geben. Warum können Bürgerfragen und die Antworten
nicht überhaupt in dem Gemeinde-Informationsblatt veröffentlicht werden? Die
Einwohner wären gut informiert und würden es sicher begrüßen.
Ich habe den Eindruck, was auch andere Fragesteller unterstrichen,
dass den Bürgern, dem Souverän, nicht immer der nötige Ernst und Respekt
entgegengebracht wird.
Was die
Allgemeinplätze betrifft, ein Beispiel: Es stehen in der Gemeinde Windkraftanlagen
(WKA). Neun weitere sind im Blumberg II beantragt. Ich fragte, wie viel WKA gibt
es auf Gemeindegebiet, ob noch welche dazukommen und welche finanziellen Mittel
fließen dadurch in die Gemeindekasse und wofür werden sie verwendet? Klare,
allgemeinverständliche Fragen. Die sinngemäße Antwort: Man hätte noch keine Gelder
von den Betreibern eingezogen, das Gesetz
(2021) wäre noch neu. Nun sind die Betreiber zu einer Sonderabgabe von 10.000
Euro pro WKA jährlich verpflichtet. Auch für den Betrieb kann die Gemeinde
Mittel abschöpfen. Mit diesem Geld soll die Akzeptanz der Bevölkerung für WKA
erhöht werden, sollen zum Beispiel besonders kulturelle und soziale Projekte
finanziert werden.
Laut Landtag
Brandenburg wurden im vergangenen Jahr 95 neue WKA genehmigt. Dafür zahlen die
Betreiber insgesamt 950.000 Euro. 63 Gemeinden erhalten Geld aus diesem Topf, Ahrensfelde
hat daraus einen Zahlungsanspruch von 27.307,38 Euro. Das kann nachgelesen
werden. In der Zeit knapper Kassen darf die Gemeinde nicht auf zusätzliche
Einnahmen verzichten oder sie erst einmal stunden.
Die zweite Frage
betraf die Umsiedlung von stark geschützten Zauneidechsen anlässlich des
weiteren Sportplatzbaus bei Grün-Weiß Ahrensfelde. Die Eidechsen wurden
eingefangen und bekamen einen neuen Lebensraum, der Fachmann sagt Habitat. Nun
verpflichtet das Naturschutzgesetz die Gemeinde, drei Jahre lang kontrollieren
zu lassen, ob die geschützten Reptilien mit dem neuen Lebensraum zufrieden
sind, ihn angenommen haben und sich wohl fühlen, also auch vermehren. Auf die
allgemein verständliche, klare Frage, von wem, wann und mit welchem Ergebnis
die jährliche Kontrolle durchgeführt wurde, kam lediglich die allgemeine Antwort
des Fachbereichsleiters Schwarz: Die Naturschutzbehörde.
Natürlich sind
die Mitarbeiter der Verwaltung oft nicht immer in der Lage, aus dem Stehgreif auf
solche Fragen konkret zu antworten. Das verlangt niemand, auch nicht vom gut informierten
Bürgermeister. Aber dann sollen sie es den Bürgern doch sagen und einen Termin
und Ort nennen, wann ein Fragesteller auf eine ernste Frage auch eine
ordentliche Antwort bekommt.
Hartmut Moreike